Wilhelm von Hartel (1839-1907)

Der in Mähren Geborene studierte von 1859 an in Wien, wo er 1864 mit einer Dissertation zur Odyssee promoviert, 1866 mit einer Arbeit zu Livius habilitiert und 1872 o. Prof. für Klassische Philologie wurde. In seiner Forschung befasste er sich mit Homer, Demosthenes, dem attischen Staatsrecht, zeichnete aber auch für Editionen Cyprians (1868-1871), des Ennodius (1882) und des Paulinus von Nola (1894) im Rahmen des CSEL verantwortlich, dessen Leitung er 1891-1907 innehatte. Außerdem gründete er 1879 mit Karl Schenkl das Periodikum „Wiener Studien“ und war 1893 an der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften an der Gründung des ThlL beteiligt. Hartel war 1890/1891 Rektor der Universität Wien und von 1891 an Direktor der Hofbibliothek, 1900-1905 schließlich Minister für Cultus und Unterricht – als vorletzter Klassischer Philologe vor Karlheinz Töchterle (2013-2017 Bundesminister für Wissenschaft und Forschung). Als liberaler Politiker setzte sich von Hartel etwa für den Neubau des Wiener Allgemeinen Krankenhauses sowie die Wiener Secession ein, was ihm heftige Kritik von Seiten des Thronfolgers Franz Ferdinand und zahlreiche Erwähnungen in Karl Kraus’ „Fackel“ eintrug. Außerdem initiierte er das sechsklassige Mädchenlyzeum. Für seine Leistungen wurde er 1882 geadelt, Mitglied mehrerer ausländischer Akademien und erhielt eine Gedenktafel mit sitzender Vollfigur im Arkadenhof, ein klassizistisches Sepulkralrelief schmückt sein Grab auf dem Hietzinger Friedhof in Wien. Die ÖAW vergibt ihm zu Ehren seit 1957 den Wilhelm-Hartel-Preis.