Ludwig Radermacher (1867-1952)

Der im Rheinland geborene Lehrersohn studierte in Bonn Humanmedizin, später Klassische Philologie und Germanistik. Die auf Textkritik konzentrierte sogenannte Bonner Schule Franz Büchelers und Hermann Useners prägte ihn stark. 1891 wurde er mit einer Arbeit zu Euripides promoviert, nach vier Jahren als Gymnasiallehrer arbeitete er in Bonn als Assistent und wurde 1897 habilitiert. Nach Professuren in Greifswald und Münster kam er 1909 als o. Prof. nach Wien, wo er bis zu seiner vorzeitigen Emeritierung 1936 tätig war: Die Stelle wurde gestrichen, als in der Ersten Republik Sparmaßnahmen gesetzt wurden. Radermachers Hauptforschungsgebiet war die Textkritik: Er publizierte Ausgaben zu Dionysios von Halikarnass (1899), Demetrios von Phaleron und der Institutio Oratoria des Quintilian (1907). Sein Interesse an Rhetorik zeigte sich auch in der Fragmente-Sammlung „Artium Scriptores (Reste der voraristotelischen Rhetorik)“ (1951) und mehreren RE-Artikeln. Außerdem edierte und kommentierte er Tragödien des Sophokles (1909-1914) und Komödien des Aristophanes (1921) sowie den homerischen Hermeshymnus (1931) und beschäftigte sich mit der Koiné – so veröffentlichte er etwa eine „Neutestamentliche Grammatik“ (1911) – und mit vergleichender Mythenforschung (z. B. „Die Erzählungen der Odyssee“ [1927]).