Richard Meister (1881-1964)

Der in Znaim (Znojmo) geborene Sohn eines Rechtsanwalts studierte Klassische Philologie, Germanistik, Vergleichende Sprachwissenschaft und Philosophie in Wien, wo er 1904 mit einer Arbeit zur Sprache der Septuaginta promoviert wurde. Danach arbeitete er als Gymnasiallehrer. Ohne Habilitation wurde er 1918 ao. Prof. für Klassische Philologie in Graz, 1920 in Wien. 1923 erhielt er die neugeschaffene Professur für Pädagogik in Wien. In den folgenden Jahren hatte Meister großen Einfluss auf die österreichische Bildungspolitik, prägte etwa die Lehrer*innenbildung und setzte sich (nicht zuletzt aufgrund seiner engen Kontakte zu den Christlich-Sozialen) für den Erhalt des Gymnasiums gegen Otto Glöckels sozialdemokratisch geprägte Gesamtschule ein. Meister, der eine großdeutsche Position vertrat, gehörte in der Zwischenkriegszeit dem geheimen antisemitischen Professorennetzwerk „Bärenhöhle“ an, das jüdische sowie linke Wissenschafter*innen gezielt in ihrer akademischen Laufbahn behinderte. Darüber hinaus war er auch Mitglied im mächtigen rechten Männernetzwerk „Deutscher Klub“. Im Austrofaschismus, der ständestaatlichen Diktatur unter Engelbert Dollfuß und Kurt Schuschnigg, war er als Vertreter der Wissenschaften Mitglied des Bundeskulturrats. Aufgrund dieser Kooperation wurde er nach dem „Anschluss“ von seiner Pädagogik-Professur entfernt und erhielt die unverfänglichere o. Professur für Klassische Philologie. Er trat der NSDAP trotz seiner deutschnationalen Haltung nicht bei. Trotzdem betonten Fürsprecher wie Viktor Christian, der Dekan der Philosophischen Fakultät, seine politische „Zuverlässigkeit“. 1945 wurde er erneut o. Prof. für Pädagogik und blieb es bis 1956. Darüber hinaus wurde er 1945 Prorektor, 1949/50 Rektor und von 1951 bis 1963 Präsident der ÖAW. Meisters Forschung konzentrierte sich hauptsächlich auf Theorie und Geschichte der Pädagogik. Als Gymnasiallehrer verfasste er jedoch auch fachdidaktische Beiträge zum Griechisch- und Lateinunterricht.