Singularia Vindobonensia, hg. von Christian Gastgeber und Elisabeth Klecker
Im Jahr 1749 besuchte Johann Christoph Gottsched Wien; über seine Eindrücke berichtete er an der Universität Leipzig in einer lateinischen Rede Singularia Vindobonensia. Nach der kaum beachteten Schrift des Aufklärers betitelt, will die Reihe lateinische Literatur des (früh)neuzeitlichen Österreich (mit Schwerpunkt Wien) in Texteditionen und Einzeluntersuchungen erschließen.

Christian Gastgeber, Elisabeth Klecker (Hgg.), Neulatein an der Universität Wien. Ein literari-scher Streifzug, Wien 2008 (Singularia Vindobonensia 1).
Rez.: Gábor Tüskés, Helikon 55 (2009), 298-300
Ferenc Földesi, Irodalomtörténeti Közlemények 113 (2009), 479-490
Der erste Band präsentiert literarisches Schaffen an der Universität Wien und ist Franz Römer als langjährigem Dekan der Geisteswissenschaftlichen bzw. Philologisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät und Initiator der neulateinischen Studien an der Universität Wien gewidmet.

Christian Gastgeber, Elisabeth Klecker (Hgg.), Johannes Cuspinianus (1473-1529). Ein Wiener Humanist und sein Werk im Kontext, Wien 2012 (Singularia Vindobonensia 2).
Der zweite Band präsentiert die Ergebnisse einer internationalen Tagung, die dem Arzt, Diploma-ten und Gelehrten Johannes Cuspinianus (1473 Schweinfurt – 1529 Wien) gewidmet war.
Der neben Conrad Celtis bedeutendste Vertreter humanistischer Ideale an der Wiener Universität repräsentiert in eigener Person den praktischen Nutzen der neuen Bildung: Dank seiner an der Antike geschulten Beredsamkeit machte Cuspinianus Karriere im Dienst Kaiser Maximilians I., der ihn mit wichtigen diplomatischen Missionen, v.a. der Vorbereitung der habsburgisch-jagiellonischen Doppelhochzeit von 1515, betraute. Die dadurch begünstigte Einbindung in überregionale Netzwerke, nicht zuletzt der Kontakt nach Buda, kam Cuspinianus’ rastloser Suche nach neuen Texten der Antike und des Mittelalters zugute, wie sie sich in seinen Werken spiegelt. Ob-wohl zu Lebzeiten ungedruckt, verschafften ihm seine quellenbasierten historischen und landes-kundlichen Arbeiten großes Ansehen als Kenner der römischen und österreichisch-habsburgischen Geschichte. Durch sein vielseitiges Wirken als Lehrer, Redner, Publizist, Büchersammler und Editor verbunden mit offiziellen Funktionen in der universitären und städtischen Verwaltung nahm Cuspinianus nachhaltigen Einfluss auf das intellektuelle Leben in Wien zu einer Zeit, da sich der transalpine Humanismus vom dominanten italienischen emanzipierte.

Herbert Bannert, Elisabeth Klecker (Hgg.), Autorschaft. Konzeptionen – Transformationen – Diskussionen, Wien 2013 (Singularia Vindobonensia 3)
Rez.: Günter Lachawitz, Janus 37 (2016), 85-86.
Im Anschluss an Roland Barthes, Michel Foucault, Julia Kristeva und Gérard Genette ist die Diskus-sion um „den Autor“, seinen „Tod“, seine „Rückkehr“ und „Funktion“ in den Geisteswissenschaften omnipräsent. Gerade die Klassische Philologie mit – wie an der Universität Wien – angeschlossener latinistischer Mediävistik und Neolatinistik ist aufgrund ihrer diachronen Dimension in besonderer Weise mit vielfältigen Autorkonzepten im historischen Medienwandel konfrontiert. Oral poetry, göttliche Autorisierung durch Inspiration und die Anfänge fiktionalen Erzählens gehören ebenso zu ihren Forschungsgebieten wie die biographistisch-allegorische Dichterinterpretation der antiken Literaturwissenschaft und der Versuch, Autortexte in kritischen Editionen zu rekonstruieren.
Der dritte Band der Singularia Vindobonensia präsentiert die Ergebnisse der Ringvorlesung Autor-schaft. Konzeptionen, Transformationen, Diskussionen, die im Rahmen eines Förderprogramms zur Intensivierung fächerübergreifender innerfakultärer Zusammenarbeit am Institut für Klassische Philologie, Mittel- und Neulatein im Sommersemester 2011 stattfand. Dabei wurden Autorschaftskonzepte von Hesiod bis Elfriede Jelinek aus der Perspektive unterschiedlicher Disziplinen vorgestellt.

Thomas Maisel, Meta Niederkorn-Bruck, Christian Gastgeber, Elisabeth Klecker (Hgg.), Artes – Artisten – Wissenschaft. Die Universität Wien in Spätmittelalter und Humanismus, Wien 2015 (Singularia Vindobonensia 4).
Rez. Herbert Jaumann, sehepunkte 15 (2015), Nr. 11 [15.11.2015]
www.sehepunkte.de/2015/11/27338.html
Martin Wagendorfer, Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters 74/2 (2018), 958-960
Die gesellschaftliche Positionierung früher Universitäten, Hierarchien und Karrieren ihrer Angehörigen einerseits, die Ausdifferenzierung der Wissenschaften, besonders die Entwicklung des Artisteriums anderseits sind aktuelle Forschungsfelder der Universitäts- und Bildungsgeschichte, zu denen die Universität Wien dank günstiger Quellenlage einen wesentlichen Beitrag leisten kann. Ihr Archivgut reicht bis in frühe Zeit zurück, zusätzlich verfügt die Österreichische Nationalbibliothek über reiche Bestände universitärer Provenienz.
Auf dieser Basis entstand die vorliegende Aufsatzsammlung, die Beiträge einer Tagung zur Artistenfakultät mit einer Vorstellung der am Universitätsarchiv durchgeführten Editionsprojekte ver-eint. Der Fokus auf dem Humanismus um 1500 hat zur Aufnahme in die Reihe Singularia Vindobonensia geführt, die damit einen Band zum 650-Jahr-Jubiläum der Alma Mater Rudolphina prä-sentieren kann.

Franz Römer, Herbert Bannert, Elisabeth Klecker, Christian Gastgeber (Hgg.), Fasti Austriae 1736. Ein neulateinisches Gedicht in 15 europäischen Sprachen, Wien 2015 (Singularia Vindo-bonensia 5).
Rez. Craig Kallendorf, Seventeenth Century News 73,3-4 (2015), 197-199
Wesentlichen Anteil am lateinischen Literaturschaffen im barocken Wien hatte die seit 1622 von der Gesellschaft Jesu geführte Universität; ihre jährlichen Gratulationsschriften zu Graduierungen an der Artistenfakultät zeichnen sich durch gefällige Präsentation von Herrscherlob und originelle Transformation antiker Autoren aus. Dies gilt besonders für die den neo-baccalaurei überreichten Fasti Austriae von 1736, mit denen Joseph Koller SJ (1703–1766) ein österreichisch-habsburgisches Gegenstück zu Ovids Kalenderdichtung geschaffen hat.
Der vorliegende Band der Singularia Vindobonensia widmet diese barocke Festschrift den Teilnehmern des 16. Internationalen Kongresses der International Association for Neo-Latin Studies: Die einzelnen Abschnitte wurden in 15 europäische Sprachen übertragen, die an dynastische Verbindungen und Netzwerke der Habsburger erinnern; zugleich dokumentieren sie Kooperationen, die am Institut für klassische Philologie, Mittel- und Neulatein der Universität Wien im Arbeitsbereich Neulatein aufgebaut wurden.

Christian Gastgeber, Elisabeth Klecker (Hgg.), Johannes Sambucus / János Zsámboki / Ján Sam-bucus (1531–1584). Philologe, Sammler und Historiograph am Habsburgerhof, Wien 2018 (Singularia Vindobonensia 6)
Band VI der Singularia Vindobonensia widmet sich nach Band II (Iohannes Cuspinianus) wieder ausschließlich einem Humanisten und seinem kulturellen Umfeld: Johannes Sambucus, der im Um-kreis des Wiener Habsburgerhofes als Vermittler und führender Exponent des transalpinen (Spät)Humanismus agierte. Die hier versammelten Beiträge gehen teils auf ein eigens auf diese Persönlichkeit konzentriertes Symposium zurück und wurden um weitere Untersuchungen von Ex-pertInnen ergänzt, um einen breiten Einblick in diesen prägenden Humanisten der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts zu geben. Der „nationalen Vielfalt“ seiner Person und seines Wirkens (geboren im damals ungarischen Tyrnavia, heute Trnava, Slowakei; Lebensmittelpunkt in Wien) wurde insofern Rechnung getragen, als an diesem Band ungarische, slowakische und österreichische WissenschafterInnen mitarbeiteten.

Johannes Amann-Bubenik, Elisabeth Klecker (Hgg.), Franz Römer, Von Rom nach Custozza. Ausgewählte Schriften zur antiken und neuzeitlichen Panegyrik, Wien 2018 (Singularia Vindobonensia 7)
Schon zu Beginn seiner wissenschaftlichen Tätigkeit galt Franz Römers Interesse mit dem Älteren Plinius und Tacitus Autoren der frühen römischen Kaiserzeit, und damit auch den Eigenheiten von Literatur unter einer monarchischen Staatsform. So war es nur konsequent, dass er im Rahmen der von ihm aufgebauten Wiener Neolatinistik einen Schwerpunkt bei der Erforschung des neuzeitlichen Herrscherlobes setzte und Projekte zu unterschiedlichen Formen der Habsburger-Panegyrik initiierte. Einen Querschnitt präsentiert der vorliegende siebte Band der Singularia Vindobonensia, der aus Anlass der Überreichung des Goldenen Doktordiploms an Franz Römer erscheint.

Stefan Donecker, Petra Svatek, Elisabeth Klecker (Hgg.), Wolfgang Lazius (1514–1565). Ge-schichtsschreibung, Kartographie und Altertumswissenschaft im Wien des 16. Jahrhun-derts, Wien 2021 (Singularia Vindobonensia 8)
Nach Johannes Cuspinianus und Johannes Sambucus widmet sich der vorliegende Band VIII der Singularia Vindobonensia einem zwischen beiden stehenden Wiener Humanisten: Wolfgang Lazius (1514‒1565) war Professor an der Medizinischen Fakultät der Universität Wien, kaiserlicher Leibarzt und Leiter der kaiserlichen Münzen- und Antiquitätensammlung. Vor allem aber zählte er zu den bedeutendsten Historikern und Kartographen seiner Zeit. Als Hofhistoriograph verfasste er umfangreiche Werke zur Geschichte der Habsburger und dokumentierte aktuelle kriegerische Auseinandersetzungen; er publizierte die erste Geschichte der Stadt Wien, ein einflussreiches Werk zur „Völkerwanderung“ sowie den ersten „Atlas“ der österreichischen Lande. Nicht unumstritten in seiner Auswertung epigraphischer Quellen, gilt Lazius mit seinen Karten zur antiken Welt und zur eigenen Zeitgeschichte heute als Pionier der thematischen Kartographie. Der aus Anlass von Lazius’ 500. Geburtstag initiierte Band will das vielfältige Œuvre dieses Wiener Gelehrten aus multi-disziplinärer Perspektive neu erschließen.

Gábor Tüskés, Réka Lengyel (Hgg.), Zur Rezeption von Vergil, Horaz und Ovid in der ungarischen Literatur 1750-1850, Wien 2020 (Singularia Vindobonensia 9)
Mit ausgewählten Beiträgen einer 2016 in Miskolc veranstalteten Tagung widmet sich Band IX der Singularia Vindobonensia der Rezeption und Transformation augusteischer Dichter in der ungarischen Literatur des 18. und 19. Jahrhunderts und eröffnet Einblicke in ein literarisches Schaffen, das von der fruchtbaren Interaktion antiker, neulateinischer und vernakulärer Traditionen geprägt ist.
In Auseinandersetzung mit Vergil entstand das deutsche Epos Tunisias des späteren Erzbischofs von Eger, Johann Ladislaus Pyrker, aber auch lateinische mythologische Gelegenheitsdichtung auf die Stadt Pécs. Eine besondere Bandbreite zeigt die Horaz-Rezeption: Themen horazischer Lyrik wie Freundschaft und Lebensgenuss waren Inspirationsquelle für Dichtung im Stil der Empfindsamkeit, während die sympotischen Oden mit einer reichen Überlieferung studentischer Trinklieder verschmelzen konnten. Der jungen Disziplin der Ästhetik diente die Ars poetica als Bezugstext, und schließlich eignete sich die auf Unabhängigkeit bedachte Dichterpersönlichkeit als Identifikationsfigur zur Standortbestimmung gegenüber der Habsburgermonarchie. An Ovids Schicksal interessierten neben seiner politischen Dimension nachantike Lokalbezüge, sodass nicht nur mythologi-sche Stoffe für das Schultheater aus seinen Werken gewonnen wurden, sondern der verbannte Dichter selbst auf die Bühne trat. Die intensive schulische Ovid-Lektüre spiegelt sich in der Allgegenwart von Zitaten, sogar in wissenschaftlichen Kontexten. Nicht zuletzt dokumentieren Kataloge und zum Teil erhaltene Bestände von Adelsbibliotheken die Beschäftigung mit den lateinischen Klassikern.