Austria emblematica. Emblematik außerhalb des Buchs in Österreich
Bestandsaufnahme angewandter sakraler und profaner Emblematik
Ausgehend von Andrea Alciatos Emblematum liber (Augsburg: Steiner 1531), einer mit Holzschnitten illustrierten Gedichtsammlung, die von den ekphrastischen Epigrammen der griechischen Anthologie geprägt ist und Anregungen von Renaissancehieroglyphik, Devisenmode und Mythenallegorese aufgreift, entstand im 16. Jahrhundert die bildlich-literäre Gattung der Emblematik. Sie entwickelte sich zu einer Art Leitmedium des Barock, in dem das Auflösen von Wort-Bild-Bezügen als scharfsinniges intellektuelles Spiel geschätzt wurde, aber auch als Meditationshilfe in Andachtsbüchern dienen konnte. Die dreiteilige Form von Motto/Lemma/inscriptio, Bild/Icon/pictura und deutendem Text fand für moralisierende und didaktische Schriften ebenso Verwendung wie für Fürstenspiegel und – in vielfach prunkvoller Gestaltung – für Herrscherpanegyrik. Zugleich entstanden umfangreiche Handbücher antiker, biblischer und mittelalterlicher Bildersprache, die eine Vielfalt möglicher emblematischer Gegenstände in thematischer Ordnung aufbereiteten, mit Vorschlägen für passende inscriptiones versahen und so Muster für Embleme außerhalb von Büchern zur Verfügung stellten: Mit oft lateinischer Beischrift (ohne erklärendes Epigramm) wurden symbolische Bilder in den verschiedensten Materialien und Techniken zur Dekoration in sakralen und profanen Innenräumen eingesetzt, waren an Epitaphien und ephemerer Architektur ebenso zu finden wie auf Möbeln, Tafelgeschirr, Textilien und Medaillen.
Um eine adäquate Erforschung emblematischer Traditionen zu ermöglichen, vernetzt die Society for Emblem Studies seit den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts Vertreter unterschiedlicher Disziplinen, darunter der Neolatinistik. Neben der Digitalisierung von Buchbeständen ist eine Dokumentation von Anwendungsformen außerhalb von Büchern in Gestalt einer Weltkarte der Emblematik angestrebt.
Für Österreich bietet sich aufgrund der Pionierarbeiten von Grete Lesky (1898-1982) eine gute Ausgangslage, auf deren Basis ein Katalog „angewandter Emblematik“ (unter Einbeziehung vonHabsburgerdevisen und Wappensprüchen) mit besonderer Berücksichtigung lateinischer inscriptiones und ihrer Quellen erstellt wird.
Ein erstes Verzeichnis für Wien, Niederösterreich und Burgenland mit Bibliographie ist auf www.emblemstudies.org/austria/ online.